„Erfolgreich zu sein, setzt zwei Dinge voraus: Klare Ziele und den brennenden Wunsch, sie zu erreichen.“
Johann Wolfgang von Goethe
Anlässlich des anstehenden Jahreswechsels stelle ich meinen Mitmenschen gerne die Frage (die Sie kurz vor Neujahr sicherlich auch schon oft gehört haben), welche guten Vorsätze denn für das kommende Jahr getroffen wurden. In den meisten Fällen ernte ich für diese Frage jedoch nur ein müdes Lächeln mit der Anmerkung, dass „das mit den guten Vorsätzen doch sowieso nie lange funktioniert“. Es klingt also an, dass man sich vor der resultierenden Frustration am besten dadurch schützt, indem man von der Formulierung von Zielen lieber absieht. Doch wodurch entsteht dieser Unmut bei der an und für sich doch ermutigenden Frage nach den persönlichen Zielen?
Die Antwort liegt meist weniger im „Was“ sondern vielmehr im „Wie“ der Zielformulierung. Denn die Art und Weise, in der wir unsere Ziele formulieren, entscheidet maßgeblich über die Erfolgsaussichten und somit über die Motivation auf dem Weg dorthin. Daher möchte ich Ihnen in diesem Blog-Artikel näherbringen, worauf es bei der Festlegung von Zielen ankommt, welche Fallstricke dabei auftreten können und wie Sie diese erfolgreich umgehen.
Denn grundsätzlich spielt Klarheit über die eigenen Wünsche und Ziele eine ganz zentrale Rolle im Rahmen der persönlichen Weiterentwicklung. Ohne eine konkrete Vision dessen, was Sie für sich erreichen und verändern möchten, kann nämlich auch keine bedeutsame Veränderung erfolgen.
„Eine Problemlösung ist am schnellsten erreicht, wenn von Anfang an auf die Lösung und nicht auf das Problem fokussiert wird“
(Steve de Shazer, Psychotherapeut und Begründer
der Lösungsfokussierten Kurzzeittherapie)
Aus diesem Grund ist die frühzeitige Erarbeitung wohlformulierter Ziele auch ein wesentlicher Bestandteil bzw. zentrale Voraussetzung für positive Veränderungen im Rahmen meiner psychologischen Online-Beratungen. Auf die Frage „Welche Ziele verfolgen Sie hier in der Beratung“ erhalte ich jedoch oftmals recht allgemeine Antworten wie z.B. „die Angst loswerden“ oder „Stress abbauen“. Das sind zwar durchaus nachvollziehbare Wünsche, die jedoch aufgrund ihrer unspezifischen und wenig motivierenden Formulierung selten in einer erfolgreichen Umsetzung münden. In diesem Fall steht dann zunächst eine gemeinsame Ausarbeitung klar strukturierte Ziele mit meinen Klient/innen im Vordergrund, um daraufhin die nötigen Schritte zur ihrer Umsetzung zu planen.
Doch wie sieht sie denn nun aus, die perfekte Zielformulierung? Im Folgenden finden Sie einige Empfehlungen, die sich im Rahmen meiner Tätigkeit vielfach bewährt haben.
Ziele SMART formulieren:
Eine gute Orientierung zur Formulierung erfolgreich umsetzbarer Ziele bietet die so genannte SMART-Formel, wobei jeder Buchstabe für eine bestimmte Eigenschaft steht. Wohlformulierte Ziele sollten demnach Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Teminiert sein.
Die Wahrscheinlichkeit der Zielerreichung hängt also zum einen davon ab, wie spezifisch das Ziel beschrieben wird. Seien Sie also möglichst präzise in Ihrer Formulierung - je konkreter, desto besser!
Ein gut formuliertes Ziel sollte darüber hinaus auch messbar sein, das heißt es sollte klar überprüfbar sein, inwieweit man sich dem Ziel bereits genähert hat und wann es erreicht ist. Hier spielt auch Feedback von außen eine wichtige Rolle.
Weiterhin von Bedeutung ist die Attraktivität, also die persönliche Bedeutsamkeit des zu erreichenden Ziels. Dieses sollte zu Ihren Werten und Bedürfnissen passen und somit auch wirklich erstrebenswert sein. Fragen Sie sich also, weshalb Ihnen die Zielerreichung wichtig ist? Welches persönliche Bedürfnis steht dahinter?
Ein realistisches Ziel bezieht sich auf die konkreten Erfolgsaussichten. Je höher die Wahrscheinlichkeit, Ihr Ziel unter den gegebenen Voraussetzungen auch zu erreichen, umso höher die Motivation zur Umsetzung. Umgekehrt wirken unrealistische Ziele demotivierend. Anstatt sich also übermäßig hohe Ansprüche zu setzen, die nur zu Frustration und Passivität führen, verfolgen Sie zunächst kleine Ziele. Mit jedem noch so kleinen Erfolgserlebnis kommen Sie Ihrem finalen Ziel Schritt für Schritt näher.
Und schließlich sollten Ziele terminiert sein, indem ein möglichst konkreter Zeitpunkt der Zielerreichung vorab festgelegt wird. Ansonsten besteht die Gefahr eines Aufschiebens der erforderlichen Handlungen auf dem Weg zum Ziel.
SMARTe Zielformulierung in der Praxis:
Angesichts der SMART-Formel wird deutlich, dass das Ziel „Angstfreiheit“ keine der genannten Kriterien erfüllt. Angstfrei zu sein ist nämlich unspezifisch, schwer messbar, unrealistisch (Angst ist eine oftmals zweckmäßige Grundemotion des Menschen) und zeitlich nicht terminiert. Sinnvoller ist eine aktive Formulierung, die ein konkretes Zielverhalten beinhaltet. Durch Anwendung der SMART-Formel ließe sich das Ziel z.B. wie folgt umformulieren: „Ich möchte in Mitarbeitergesprächen selbstsicherer auftreten (spezifisch, attraktiv), indem ich jeden Mittwoch nach Feierabend mit meiner Kollegin ein 15-minütiges Rollenspiel durchführe (messbar, noch spezifischer), um in drei Monaten erfolgreich mit meiner/m Vorgesetzten um eine Gehaltserhöhung zu verhandeln (realistisch, terminiert)“. Derartig formulierte Ziele bieten eine klare Orientierung über die erforderlichen Schritte und erleichtern somit deren Umsetzung deutlich.
Weitere Merkmale wohlformulierter Ziele:
· Formulieren Sie stets positive Annäherungsziele anstatt zu benennen, was Sie nicht mehr wollen:
Fragen Sie sich bei negativ formulierten Zielen („Stress reduzieren“, „Angst loswerden“) also immer: „Was will ich stattdessen?“. Eine positive Zielformulierung bedeutet außerdem, dass der Gedanke an das Ziel ein gutes Gefühl in Ihnen auslöst und Ihre Augen leuchten lässt. Stellen Sie sich hierzu den erwünschten Zielzustand möglichst detailliert mit allen Sinnen vor, so als ob Sie ihn bereits erreicht hätten. Wie wird es sich anfühlen, Ihr Ziel erreicht zu haben?
· Formulieren Sie verhaltensnahe Ziele, bezogen aufs Hier und Jetzt:
Was werden Sie ab heute anders machen auf dem Weg zu Ihrem Ziel? Welche konkreten Schritte werden Sie im Einzelnen umsetzen? Wie werden Sie anders zu sich sprechen?
· Holen Sie Feedback ein und dokumentieren Sie Ihre Fortschritte!
Durch die regelmäßige Einschätzung des momentanen Standes Ihrer Zielerreichung wissen Sie immer, ob Sie weiterhin auf dem richtigen Weg sind. Aus diesem Grund ziehe ich mit meinen Klient/innen in regelmäßigen Abständen Zwischenbilanzen und gebe möglichst direktes Feedback. Zur Einschätzung der Zielerreichung stelle ich auch gerne so genannte Skalierungsfragen, z.B.: „Stellen Sie sich eine Skala von 0-10 vor. Als Sie sich erstmals bei mir gemeldet haben, waren Sie bei […]. Wo stehen Sie jetzt? Wie sind Sie dort hingelangt? Was alles hat dabei geholfen?“.
· Wählen Sie nur Ziele, die in Ihrem Kontrollbereich liegen:
Nur willentlich beeinflussbare Ziele lassen sich auch wirklich umsetzen. Zum Beispiel ist eine erwünschte Reaktion anderer Menschen auf Ihr Verhalten zwar ein nachvollziehbares Ziel, jedoch keines, das Sie zu 100% selbst steuern können. Konzentrieren Sie sich stattdessen auf eigene Verhaltensweisen, auf die Sie gezielt Einfluss nehmen können.
· Belohnen Sie sich für Erfolge!
Eine angemessene Selbstbelohnung (auch für Teilerfolge) steigert die langfristige Motivation, am Ball zu bleiben.
Mögliche Hürden auf dem Weg zum Ziel:
Hürde Nr. 1: Sie verfolgen kein Ziel, sondern eine dauerhafte Veränderung Ihrer Lebensgewohnheiten:
Ein konkretes, SMART formuliertes Ziel ist in der Regel leichter zu erreichen, als eine dauerhafte Änderung eigener Verhaltensgewohnheiten. Dies mag mitunter dafür verantwortlich sein, dass die allseits (un-)beliebten Neujahrsvorsätze („gesünderer Lebensstil“, „mit dem Rauchen aufhören“ etc.) häufig scheitern. Denn sie verlangen einen langen Atem, um kontinuierlich dabei zu bleiben und sie sind – im Vergleich zu Zielen – nicht zeitlich terminiert. Hier kommt der persönlichen Bedeutsamkeit des Vorsatzes eine große Bedeutung zu. Denn nur wenn die angestrebte Veränderung mit den eigenen Werten übereinstimmt, entsteht eine nachhaltige Veränderungsmotivation. Die gute Nachricht: Zu Beginn fällt eine solche Lebensveränderung zwar schwer, aber das beharrliche Dranbleiben fällt mit der Zeit immer leichter, bis schließlich eine neue, automatisiert ablaufende Gewohnheit daraus geworden ist.
Hürde Nr. 2: Die Zielerreichung hat nicht nur positive Auswirkungen:
Nicht immer hat die Erreichung persönlicher Ziele ausschließlich positive Konsequenzen. Machen Sie sich daher von Beginn an klar, welche negativen Auswirkungen die Zielerreichung nach sich ziehen kann, sowohl für Sie selbst als auch für Ihre Mitmenschen. Für welche Dinge, die Sie bislang womöglich aufgrund der Angst aufgeschoben haben, gibt es nun keinen Vorwand mehr zur Vermeidung? Was fangen Sie mit Ihrer Lebenszeit und der wiedererlangten Kontrolle über Ihr Leben an, sobald Angst kein Hindernis mehr darstellt? Wie werden Ihre Mitmenschen darauf reagieren, wenn Sie sich auf einmal besser selbst behaupten und Ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse mehr in der Vordergrund stellen? Derartige Erschwernisse können die Verfolgung Ihres Ziels bewusst oder unbewusst sabotieren, trotz offensichtlicher Vorteile der Zielerreichung. Machen Sie sich also beide Seiten bewusst und wägen Sie die Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Es muss mehr für die Zielerreichung sprechen als dagegen, damit die Umsetzung gelingt.
Hürde Nr. 3: Die gesetzten Ziele sind zu komplex:
Um einer Überforderung durch zu viele oder zu komplexe Ziele vorzubeugen, ist es wichtig, Ihre Prioritäten zu klären. Fragen Sie sich selbst: „Was ist mir aktuell am Wichtigsten“ und „In welchem Bereich ist eine Verbesserung der Gesamtsituation in Richtung eines besseren Lebens zu erwarten?“. Auch an dieser Stelle können Skalierungsfragen hilfreich sein. Schätzen Sie die bestehenden Problembereiche auf einer Skala von 1 („damit kann ich noch einige Zeit leben“) bis 10 („das will ich sofort ändern“) ein, um Ihre Ziele nach Wichtigkeit zu ordnen.
Hürde Nr. 4: Es besteht Unklarheit bezüglich Ihrer Ziele:
Manchmal ist es gar nicht so leicht, den eigenen Zielen auf die Schliche zu kommen. Hier gilt: Viele Wege führen nach Rom! Eine der Möglichkeiten, die ich im Rahmen meiner Online-Beratungen gerne anwende, ist die so genannte Wunderfrage:
„Stellen Sie sich vor, dass in der kommenden Nacht ein Wunder geschieht. All Ihre Probleme lösen sich daraufhin schlagartig in Luft auf und all Ihre Wünsche gehen in Erfüllung. Was ist nach Ihrem Aufwachen anders in Ihrem Leben? Wo befinden Sie sich? Was genau tun Sie (und was unterlassen Sie)? Wie fühlen Sie sich? Welche Veränderungen registrieren Ihre Mitmenschen an Ihnen? (…)“
Wenn Sie diese Übung durchführen und sich die Szene möglichst detailgetreu mit allen Sinneseindrücken ausmalen, werden Sie spüren, dass Sie ein persönlich bedeutsames Ziel vor Augen haben.
Die Wunderfrage wird mit Sicherheit ein deutlich authentischeres Lächeln auf Ihre Lippen zaubern, als die alljährliche Frage nach guten Neujahrsvorsätzen – und hoffentlich dazu führen, dass Sie Ihre nun wohlformulierten Ziele in 2021 erreichen werden. Dabei wünsche ich Ihnen viel Erfolg!
Für fachkundige Unterstützung bei der Ausarbeitung und Erreichung Ihrer persönlichen Ziele, insbesondere bei der Überwindung von Ängsten, stehe ich Ihnen im Rahmen meines Beratungsangebotes gerne zur Verfügung. Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme!
Comments