„Die Schwierigkeiten wachsen, je näher man dem Ziele kommt.“
Johann Wolfgang von Goethe
Die meisten von uns blicken auf ein turbulentes Jahr 2020 zurück – welches mit dem vorherrschenden Ereignis einer globalen Pandemie die Welt auf den Kopf gestellt hat. Doch nicht nur pandemiebedingt, sondern insbesondere auch in beruflicher Hinsicht stellte 2020 ein besonderes und aufregendes Jahr für mich dar. Schließlich begann mein Weg in die Welt der psychologischen Online-Beratung vor gut einem Jahr, mit nichts weiter als einer kühnen Idee und einer Suchanfrage bei Google…
Wie alles begann:
Wir schreiben das Jahr 2019. Die Herbstsonne scheint mir ins Gesicht, in welchem sich ein zufriedenes Lächeln abzeichnet, da ich nach vier anstrengenden aber außerordentlich lehrreichen Jahren nun endlich die lange ersehnte Approbationsurkunde in Händen halte und fortan die Berufsbezeichnung „Psychologischer Psychotherapeut“ tragen darf. Ich blicke zurück auf fünf Jahre Psychologiestudium, die bereits weit zurückzuliegen scheinen sowie vier weitere Jahre verhaltenstherapeutischer Weiterbildung. Vier Jahre, in denen ich nicht nur hunderte mit Theorie gefüllte Stunden in zahlreichen Wochenendseminaren verbrachte, sondern auch umfangreiche Praxiserfahrungen sammeln durfte. Die praktische Tätigkeit in unterschiedlichen Kliniken und Einrichtungen im Rahmen der Weiterbildung gab mir die Möglichkeit, zahlreiche Patient/innen mit den unterschiedlichsten psychischen Störungsbildern zu behandeln und somit auf ihrem persönlichen Weg der Genesung zu begleiten. Die steile Lernkurve und die sich (trotz der typischen anfänglichen Selbstzweifel eines „ins kalte Wasser geworfenen“ Psychotherapie-Neulings) abzeichnenden Therapieerfolge bestärkten mich umso mehr in dem von mir eingeschlagenen Berufsweg. Mit jeder neuen Erfahrung formte sich meine therapeutische Arbeitsweise und mein Interesse an spezifischen Themen, zusammen mit einem wachsenden Vertrauen in meine fachlichen und zwischenmenschlichen Kompetenzen im Kontakt mit meinen Patient/innen.
Nun stand ich also da, hielt mit der Approbationsurkunde die Früchte meiner Arbeit der letzten Jahre in Händen und startete direkt nach einem wohlverdienten Urlaub meine Tätigkeit in einer psychotherapeutischen Praxis, in welcher ich auch heute noch tätig bin. Wie ich währenddessen wiederholt feststellte, begeisterte mich eine Thematik in meiner Arbeit ganz besonders, nämlich die Unterstützung von Menschen bei der Überwindung von Ängsten. Persönlich mitzuerleben, wie Patient/innen über sich hinauswuchsen, sich schrittweise ihre Lebensqualität zurückeroberten und ihren Stolz und ihre Freude darüber zu teilen, gehört nach wie vor zu den erfüllendsten und inspirierendsten Momenten meines Arbeitsalltages.
Und so führte mich diese Idee einer inhaltlichen Spezialisierung, verbunden mit dem Wunsch, eine breite Zielgruppe von Betroffenen zu erreichen, Anfang 2020 zu einem neugierigen Blick über den „therapeutischen Tellerrand“ mit folgender Google-Suchanfrage:
„Als Psychotherapeut ortsunabhängig arbeiten“
Die Suchergebnisse führten mich auf die Homepage einer Psychotherapeutin, die genau dies erfolgreich in die Tat umgesetzt hat und als „Digitale Nomadin“ ihr Wunschklientel von überall auf der Welt zielgerichtet per Videotelefonie unterstützte. Der Überbegriff lautete „psychologische Online-Beratung“, was rechtlich und inhaltlich gesehen nicht dasselbe ist wie Psychotherapie. Vereinfacht ausgedrückt richtet sich die Online-Beratung im Vergleich zur Psychotherapie nicht an Personen mit einer psychischen Störung, jedoch durchaus an solche mit potenziell erhöhtem Risiko zur Entwicklung einer solchen. Vorbeugung statt Therapie sozusagen. Das erschien mir bestens geeignet für mein Steckenpferd Angstbewältigung, da ich in meiner psychotherapeutischen Tätigkeit immer wieder die Erfahrung machte: Je früher eine Veränderung eingeleitet wird, umso leichter lässt sich die Entstehung und Chronifizierung einer ausgeprägten Angststörung verhindern.
Meine Augen leuchteten, als ich mehr über ihre Erfahrungen mit der Online-Beratung las. Direkt schoss mir der Gedanke durch den Kopf: „Es ist also möglich, mit meinen persönlichen Wunschklient/innen aus aller Welt online zu arbeiten. Und noch dazu ganz flexibel und ortsunabhängig!“. Es hörte sich fast zu gut an, um wahr zu sein und natürlich wollte ich umgehend mehr darüber erfahren. Entschlossen machte ich mich also auf, einen Versuch zu wagen und in Welt der psychologischen Online-Beratung einzutauchen…
Auf zu neuen Ufern! Zwischen Enthusiasmus und Frustration…
Mir war klar, dass die Umsetzung nicht einfach werden und einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Hin und hergerissen zwischen Begeisterung auf der einen Seite und vielen offenen Fragen und Zweifeln an der Umsetzung auf der anderen Seite, machte ich mich an die Arbeit und erstellte zunächst eine recht vage formuliert To-Do-Liste, auf welcher Dinge standen wie „Website erstellen“, „Texte für Website formulieren“ „Anliegen meiner Zielgruppe in Erfahrung bringen“, „Beratungs-Angebot festlegen“ und „Reichweite über Social-Media aufbauen“. Je mehr ich mich mit der Thematik befasste, umso mehr Fragen und Hürden (insbesondere technischer Art) taten sich auf. Schließlich hatte ich all die Jahre über gelernt, wie die menschliche Psyche funktioniert – was sich allerdings nicht als besonders hilfreich erwies in der Beantwortung von Fragen wie z.B. „Was verbirgt sich hinter der mysteriösen Bezeichnung DSGVO*, auf die überall hingewiesen wird?“ oder darauf aufbauend: „Wie bindet man einen Cookie-Banner DSGVO*-konform auf einer Website ein?“… [*DSGVO = Datenschutz-Grundverordnung]
Mein 5 wichtigsten Erkenntnisse:
Die Auseinandersetzung mit den Stolpersteinen der Online-Arbeit hat mir zwar einiges an Kopfzerbrechen bereitet, aber schlussendlich auch eine Handvoll lehrreicher Einsichten vermittelt:
1. Erfolg ist kein linearer Prozess…:
…sondern eher eine Achterbahnfahrt mit Höhen und Tiefen. So erlebte ich Tage, die von großem Optimismus, Tatendrang und Flow-Erleben geprägt waren. Nicht selten saß ich nach einem Arbeitstag noch bis spät abends oder am Wochenende vor meinem Laptop – nicht weil ich es musste, sondern weil ich es - mit einem klaren Ziel vor Augen - so wollte. Die Beschäftigung mit mir bislang weitgehend unbekannten Themen wie Webdesign, Marketing, Datenschutz, Social-Media-Auftritt usw. war dabei oftmals eine erfrischende Abwechslung zum gewohnten Alltag. Im Zuge meiner persönlichen Transformation vom Psychotherapeuten zum Programmierer, Webdesigner und Datenschutzexperten (😊) kam mir der coronabedingte Lockdown im Frühjahr 2020 dann fast wie gelegen. Er bot mir nämlich die Möglichkeit, mich ohne Ablenkung ganz dem Aufbau meiner Online-Präsenz zu widmen. Das stolze Gefühl, „etwas Eigenes“ aufzubauen und die Fortschritte von Woche zu Woche zu sehen, waren wesentliche Eckpfeiler für anhaltende Motivation.
Und gerade diese war an vielen anderen, nicht so rosigen Tagen auch dringend von Nöten. So erlebte ich auch Phasen der Frustration und Lustlosigkeit. Tage an denen nichts so recht zu gelingen schien, an denen unvorhergesehene Hürden oder scheinbar unlösbare Probleme auftraten, Tage an denen ich gefühlt „im Nebel stocherte“ und die Hoffnung auf eine gelingende Umsetzung meiner Vision zu schwinden schien. Auftretende Zweifel an den eigenen Fähigkeiten („Das wird wohl nie funktionieren…“) führten zweitweise zu Phasen von „Aufschieberitis“, die sich dann wieder mit Phasen des hartnäckigen, ungeduldigen Arbeitens („Das muss doch jetzt mal funktionieren!“) abwechselten. Und schließlich gab es dann auch wieder motivierende Erfolgserlebnisse („Es funktioniert!“) und kreative Geistesblitze, die das eigene Durchhaltevermögen und die Zuversicht wieder ankurbelten. Was sich im Rahmen dieses Prozesses zusätzlich als hilfreich erwiesen hat, ist meine Erkenntnis Nr. 2:
2. Gutes Zeitmanagement und regelmäßige Erholungsphasen sind essenziell:
Die eingangs erwähnte zeitliche und örtliche Flexibilität der Online-Tätigkeit, die lediglich einen Laptop und eine Internetverbindung erfordert, hat nämlich auch seine Kehrseite: Man kann theoretisch zu jeder Zeit und von überall arbeiten, also auch in Zeiten, die der Erholung und Freizeit dienen sollten. Und in der Selbstständigkeit gibt es theoretisch immer etwas Wichtiges zu tun (nicht umsonst lautet eine Unternehmerweisheit: „selbstständig = selbst und ständig“). Dadurch verschwimmt die Grenze zwischen Beruflichem und Freizeit sehr schnell, was auf Dauer äußerst kontraproduktiv ist. Daher gilt: Feste Zeiten für Arbeit und Freizeit sowie bestimmte Rituale (z.B. der zugeklappte Laptop als Zeichen des Feierabends) sind unabdingbar, um am Ball zu bleiben. Genau so wie meine Erkenntnis Nr. 3:
3. Eine klare Vision (also ein starkes „Warum“) erleichtert die Zielerreichung:
Mich im Verlaufe des Aufbaus meiner Online-Praxis immer wieder auf meine eigenen Werte und das „Warum“ meiner Bemühungen zu besinnen, war immens wichtig, um mich von den genannten Rückschlägen und Hürden nicht entmutigen und von meiner Idee abbringen zu lassen. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, sich nicht ausschließlich auf die Zielerreichung zu fokussieren, sondern jeden einzelnen Schritt auf dem Weg dorthin – mit allen Höhen und Tiefen – achtsam zu erleben, getreu dem Motto: „Der Weg ist das Ziel“.
Die Einsicht, auf diesem Weg nicht alles selbst herausfinden und nicht jeden Fehler, den andere bereits zuvor gemacht haben, selbst machen zu müssen, führte mich zu Erkenntnis Nr. 4:
4. Das Internet bietet viele Lösungen – ersetzt jedoch keinen Expert/innenrat:
In meinem anfänglichen Ehrgeiz war ich zunächst bestrebt, jedes aufkommende Problem alleine zu lösen und selbst Antworten auf meine vielen Fragen zu finden. Das World Wide Web bietet dabei sicherlich viele (mal mehr und mal weniger praktikable) Lösungen an. Und das Gefühl, ein Problem aus eigener Kraft gelöst zu haben, fördert natürlich auch das Empfinden von Selbstwirksamkeit und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auf der anderen Seite kosten die Recherche und das Herausfiltern der relevanten Informationen aus den schier unüberblickbaren Tiefen des Internets auch enorm viel Zeit, da man sich dabei leicht in nebensächlichen Details verliert.
Nachdem ich dies verstanden hatte, beschloss ich kurzerhand, eine Expertin zu Rate zu ziehen, indem ich mich mit der besagten Psychotherapeutin, auf die ich bei meiner einstigen Google-Suche stieß, in Verbindung setzte. Die Entscheidung, im Rahmen eines ihrer Beratungsangebote für Kollegen für insgesamt 6 Monate mit ihr zusammenzuarbeiten, war wohl einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zu meinem Ziel, meine eigene Online-Praxis aufzubauen. Von der vielfältigen Erfahrung eines beruflichen Vorbildes zu profitieren und kontinuierlich Rechenschaft über den Stand der Umsetzung der besprochenen Schritte abzugeben, war eine überaus bereichernde Erfahrung. Der regelmäßige, professionelle Austausch mit ihr half mir enorm, den richtigen Kurs einzuschlagen, beizubehalten und dabei mein eigenes Verhalten fortlaufend zu reflektieren. Was mich unter anderem zu Erkenntnis Nr. 5 brachte:
5. Es muss nicht perfekt sein:
Eine wichtige Lektion des vergangenen Jahres war, dass das Streben danach, bloß keine Fehltritte zu machen und alles bis ins Detail perfekt zu machen, eine Garantie für Selbstsabotage und unnötige Verzögerungen darstellt. Anstatt sich in Details zu verzetteln (oder noch schlimmer: gar nicht erst anzufangen), kommt es gerade zu Beginn auf entschlossenes Handeln und Austesten an, um dann im Verlauf Feedback einzuholen, aus Fehlern zu lernen und Korrekturen vorzunehmen. Ich kann mich noch bestens an meinen ersten Blogeintrag im Sommer 2020 erinnern, mit dessen Veröffentlichung ich mich äußerst schwertat, aufgrund von Gedanken wie „Wird überhaupt jemand meinen Blog lesen und für gut befinden?“, „Halte ich meinen Schreibstil eher förmlich-professionell oder lieber persönlich und nahbar?“, „Was werden Freunde und Bekannte dazu sagen?“ oder „was, wenn mir die Themen ausgehen?“. Aber wie sollte ich meine Klient/innen jemals in Sachen Angstbewältigung unterstützen können, wenn ich nicht einmal selbst bereit wäre, meine eigene „Komfortzone“ zu verlassen und meine Befürchtungen auf den Prüfstand zu stellen. Und siehe da: Von Blogeintrag zu Blogeintrag wurden die zweifelnden inneren Stimmen geringer und wichen schließlich der Freude am Schreiben und Erschaffen eines nachhaltigen Mehrwertes für meine Leserschaft. In anderen Worten: Es lohnt sich, seinen Ängsten die Stirn zu bieten und nicht jedem Gedanken Beachtung zu schenken, den unser Verstand erzeugt!
Fazit:
Mein Start in die Welt der psychologischen Online-Beratung 2020 hat mich zahlreiche Dinge gelehrt, von „A“ wie „Aufbau einer Website“ bis „Z“ wie „Zuversicht bewahren“ war alles mit dabei. Sowohl die damit verbundene persönliche Entwicklung (Wissenszuwachs, Selbstwirksamkeit, Durchhaltevermögen) als auch die objektiven Früchte meiner Arbeit zu sehen (eigene Website, technische Umsetzung des Beratungsablaufes, insgesamt 13 Blogartikel, Social-Media-Präsenz usw.) erfüllen mich rückblickend mit Stolz und Dankbarkeit. Zudem durfte ich dieses Jahr einige interessante Kontakte mit Kolleg/innen knüpfen und regelmäßigen fachlichen Austausch pflegen, den ich als sehr bereichernd erlebte (umso mehr in der zunächst eher unpersönlichen Online-Welt). Dass dabei auch die tragenden Prinzipien meiner Beratungen zur Angstbewältigung erfolgreich zur Anwendung kamen (Bereitschaft zur Weiterentwicklung, entschlossenes Handeln gemäß der eigenen Werte, achtsame innere Haltung, Ressourcenorientierung) bestärkt mich umso mehr in der Überzeugung, meine zukünftigen Klient/innen nachhaltig wirksam und praxisnah beraten zu können. In diesem Sinne blicke ich mit Vorfreude und Spannung auf die Herausforderungen im kommenden Jahr 2021 und freue mich, meine Erkenntnisse und mein Wissen auf diesem Blog weiterhin mit Ihnen zu teilen!
Sollten Sie sich darüber hinaus eine individuelle und persönliche Unterstützung zur Bewältigung von Ängsten im Rahmen meines Beratungsangebotes wünschen, dann kontaktieren Sie mich gerne zur Vereinbarung eines kostenlosen, unverbindlichen Kennenlerngespräches. Ich freue mich über Ihre Kontaktaufnahme!
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